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„Vom Sehen, Hören und Kommunizieren...“

Berenike Beigang

Ton? Kamera? Und bitte: Interview mit Dr. Werner C. Barg

Heute im Interview: Dr. Werner C. Barg - Vertretungsprofessor in der Abteilung Medien- und Kommunikationswissenschaft sowie Produzent und Autor


Herr Dr. Barg, Sie sind Autor, Produzent, Vertretungsprofessor. Sie sind journalistisch und medienwissenschaftlich tätig und auch in ihren Vorlesungen und Seminaren beleuchten Sie das Thema Film immer wieder in all seinen Ausprägungen und Spezifika. Wie kamen Sie zum Film?

Man kann schon sagen, dass ich einen besonderen Lebensweg habe. Ich habe immer getan was mir Spaß machte und hatte das Glück damit zu reüssieren. Studiert habe ich Philosophie, dann Germanistik und Geschichte, später Geografie sowie Pädagogik und Soziologie. Im Rahmen meines Zivildienstes kam ich zur Schulsozialarbeit der Arbeiterwohlfahrt an eine Grundschule in Kiel, nahe der Werft. Mir fiel auf, dass unter den Schülern einige Gewaltvideos geschaut und diskutiert wurden, jedoch völlig ohne Auswertung und Reflexion. Ich besprach mich mit dem Rektor und wir starteten ein Schulprojekt um eben dieser Herausforderung nachzufassen. Wir waren erfolgreich auf Festivals und gewannen Preise, sodass der NDR auf uns aufmerksam wurde. Doch ich ging nicht zum Sender, sondern entschied mich für eine Promotion über die Filme von Alexander Kluge und Edgar Reitz und gründete parallel dazu meine erste Produktionsfirma Vulkan-Film. Schon damals war es mir wichtig Theorie und Praxis miteinander zu verbinden und diesem Gefühl folge ich bis heute. So befasse ich mich mit medienwissenschaftlichen Fragestellungen, schreibe Bücher und Artikel, aber bin eben auch als Produzent und Drehbuchautor tätig.
Ende der 1990er Jahre wurde ich zum Studienleiter an die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin berufen und war dort zeitweise gar Interims-Geschäftsführer. Doch es zog mich zurück in die Praxis und so machte ich mich selbstständig und gründete schließlich 2011 herzfeldproductions als Zweig der Opal-Gruppe,mit welcher ich Filme wie beispielsweise Über das Meer - Die DDR-Flucht des Erhard Schelter produzierte. Einen großen Erfolg feierten wir mit dem Film Einsamkeit und Sex und Mitleid, an welchem wir fast fünf Jahre arbeiteten. Auch aktuell bin ich dabei neue Stoffe zu entwickeln.

 

In Ihren Filmen setzen Sie sich immer wieder auch mit ureigenen Ängsten sowie gesellschaftlichen Problemen auseinander. Muss Film kritisch sein?

Ja, ich glaube schon. Film ist ein Spiegelbild von Gesellschaft. Film ist Verdichtung von Zeit und Begebenheiten und daher, über die Dichtung, eben auch mit der Literatur verbunden. Selbstverständlich braucht es auch den unterhaltenden Film – Film als Spannungs- und Entspannungsmechanismus. Ich persönlich sehe mich nicht als Produzent einfacher Unterhaltungsformate. Im Film Einsamkeit und Sex und Mitleid gibt es viele komödiantische Momente, doch oftmals bleibt das Lachen auch im Halse stecken. In den 1980er Jahren war ich Teil der Kieler Künstlervereinigung AC.NE., in welcher wir offene satirische Briefe an Politiker schrieben. Ich selbst sehe mich als sehr politischen Menschen – früher wie heute.

 

Die Corona-Pandemie setzt zur Zeit allen Branchen zu – besonders aber der Kultur- und Kreativwirtschaft. Wie sehen Sie in diesen Zeiten die Zukunftsperspektiven der Branche?

Wenn ich an all die geschlossenen Kinos der letzten Wochen denke (in Berlin haben die Kinos erst vor wenigen Tagen wieder geöffnet), dann habe ich doch Bauchschmerzen. Und auch jetzt ist keine ‚normale’ Kinosituation zu finden, wenn maximal 100 Leute in einem Saal sitzen dürfen. Das beunruhigt mich doch. Ich persönlich habe das Glück in diesem Jahr vor allem Stoffe in der Entwicklung zu haben und bis zu einem möglichen Drehstart hoffe ich auf die Entwicklung eines Impfstoffes. Als Produzent möchte ich diese Verantwortung, für den richtigen Umgang mit dieser Pandemie am Set, die Verantwortung für ein ganzes Filmteam, nur ungern tragen. Film ist ‚Personal Business‘ und das ist an einem Set in diesen Tagen, mit Menschen in Schutzanzügen und mit Abstandsregeln, nur schwer zu realisieren.

 

Haben Sie einen Tipp für Erstsemester?

Die Vernetzung untereinander ist wichtig. Man sollte nicht mit Scheuklappen durchs Studium gehen und es als Einzelkämpfer probieren. In meiner Arbeit an Filmhochschulen habe ich immer wieder beobachten können, wie aus Kommilitonen Teams und Kollegen, manchmal auch auch Freunde wurden. Gemeinsam kann man Eindrücke und Erfahrungen gewinnen, teilen und somit voneinander lernen. Zur beruflichen Orientierung lohnt sich immer auch ein Blick über den Tellerrand hinaus. Auslandserfahrungen ermöglicht die Studienzeit ebenfalls und solche Chancen sollte man wahrnehmen und nutzen.

 

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